Das Recht muss nie der Politik, wohl aber die Politik dem Recht angepasst werden.
– Immanuel Kant
Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht.
– Marie von Ebner-Eschenbach
Unsere Macht ist zerstörerisch. Wir können zwar die Schöpfung beenden und alle Menschen töten, aber wir können keinen einzigen Menschen erschaffen.
– Franz Alt
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13.09.2018 | www.kla.tv/13023
Der 12.September 2018 war ein schwarzer Tag für das freie Internet: Trotz einer massiven Lobbyschlacht beschloss das Europaparlament die Einführung von Upload-Filter bei Online-Plattformen sowie eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger. Die leicht veränderten Entwürfe des EU-Politikers Axel Voss erhielten in Straßburg die erforderliche Mehrheit. Was bedeutet dies für freie Medien und die Freiheit des Internets? Kla.TV fasst nachfolgend die Ereignisse zusammen. Bleiben Sie dran: Eine neue EU-Reform soll das Urheberrecht im Internet modernisieren und wird entlarvt: Was nach mehr Rechten und Entlohnung im Internet für Künstler, Medienverlage und Urheber aller Art aussieht, entpuppt sich als nächster Schritt in die totale Kontrolle des Internets. 1) Was sich hinter der EU-Urheberrechtsreform und Begriffen wie „Upload-Filter“ und „Leistungsschutzrecht“ verbirgt: Die Auflagen und Werbeeinnahmen der größten Medien-Verlage wie Axel Springer, ARD, Bertelsmann und Co. sinken seit Jahren. Zeitgleich nimmt das Interesse an freien Medien täglich zu. Mit nur wenigen Mausklicks sind alternative Meinungen, unabhängige Zeugenberichte, freie Expertenstimmen aus aller Welt usw. im Netz verbreitet und werden millionenfach abgerufen. Ein echter Grund für Medienverleger und die EU-Politik, sich Sorgen zu machen – so scheint es zumindest. Denn kurz nach Durchsetzung der EU-Datenschutz-Grundverordnung, die freie Medien massiv einschränkte, zückte die EU schon die nächste netzpolitische Reform. Der neue EU-Gesetzesentwurf soll vorgeblich das Urheberrecht in der Europäischen Union modernisieren. Die Werbeerlöse im Internet sollen nicht nur die Kassen der großen IT-Konzerne klingeln lassen, sondern Künstler, Journalisten und alle Kreativen für ihre Leistung auszahlen. Dass dies nur als Vorwand für höhere Ziele dienen soll, zeigen unter anderem Artikel 11 und Artikel 13 der Reform: Artikel 11 – „Leistungsschutzrecht“ „Jeder, der journalistische Inhalte teilt, braucht eine Lizenz vom Herausgeber. Wer diese nicht hat, kann den Inhalt nicht legal teilen.“ Dies wird auch „Leistungsschutzrecht“ oder „Link-Steuer“ genannt. Zusammenfassend möchten die großen Verlage wie Axel Springer und Co. von allen Anbietern bezahlt werden, die ihre Publikationen verlinken. In Suchmaschinen und Onlineplattformen wie beispielsweise Google und Facebook werden Links mit Titel und kurzen Textausschnitten von Presseberichten angezeigt, die urheberrechtlichen Schutz verdient hätten. Diese journalistische Leistung müsse geschützt werden, sonst würden sich Internetplattformen den Inhalt der Medien klauen und damit Geld verdienen, argumentieren Verlegerlobby und federführende Politiker. Internetaktivisten warnen: Mit der Durchsetzung des sogenannten „Leistungsschutzrechts“ werde das Verlinken und Teilen von Inhalten im Internet monopolisiert, erschwert und letztlich verhindert. Weiter drohe mit Einführung einer „Link-Steuer“ der Abschied der Informationsfreiheit im Internet. Das Leistungsschutzrecht ist Lobbyismus pur und verdeutlicht die enge Verquickung zwischen den deutschen Verlagen und der EU-Politik. Artikel 13 – „Upload-Filter“ „Internet Plattformen müssen Uploads der Nutzer auf Verstöße gegen das Copyright (Urheberrecht) filtern.“ Dies wird auch „Upload-Filter“ genannt. Nach Artikel 13 müssten Internet-Plattformen zukünftig jeden Upload, also jeden Textausschnitt, Bild, Ton oder Filmdatei, die sie im Internet veröffentlichen möchten, mit einer kostenpflichtigen Datenbank abgleichen, um festzustellen, ob es sich um urheberrechtlich geschützte Inhalte handeln könnte. Unter dem Deckmantel des Urheberrechts wird hier eine Internet-Zensurmaschine aufgebaut, die darüber entscheidet, was im Internet veröffentlicht werden darf und was nicht! Die gesetzliche Verankerung, dass jede Publikation vor deren Veröffentlichung durch einen Filter genehmigt werden muss, der von Regierung und Unternehmen definiert wird, bedeutet das Ende der Meinungsfreiheit im Netz. Online-Plattformen, die sich den Zugang zur kostenpflichtigen Datenbank nicht leisten können oder sämtliche Inhalte ihrer Nutzer nicht von einem Drittanbieter durchleuchten lassen möchten, sind im Vorhinein disqualifiziert. Wohin solche Hochlade-Filter bereits in den Ansätzen führen, demonstriert in diesen Tagen ein vergleichbares „Content ID“-System von YouTube. Systemkritische Beiträge auf YouTube werden aufgrund angeblicher Copyright-Verletzungen in Maßen zensiert und sind bereits heute aus dem sogenannt „freien Internet“ gelöscht. Weiter ist die technische Fehlerrate solch automatischer Algorithmen hoch und das System kann einfach missbraucht werden. Nutzer, deren Inhalte böswillig von einem anderen Nutzer als urheberrechtlich geschützt deklariert wurden, müssten den Rechtsweg beschreiten und klagen, um ihre eigenen Inhalte wieder nutzen zu können. 2) Das wurde bisher im EU-Parlament entschieden: - Am 20. Juni 2018 stimmte der EU-Rechtsauschuss „JA“ für die Urheberrechtsreform und die damit verbunden Upload-Filter und das Leistungsschutzrecht für Presseverleger. Die Reform wurde zur Abstimmung im EU-Parlament freigegeben. - Auf den Entscheid des EU-Rechtsausschusses folgte eine Welle der Empörung bei Internetaktivisten und diversen Organisationen. Sie riefen dazu auf, EU-Abgeordnete anzuschreiben und zur Ablehnung der Reform zu bewegen. Sogar Kinder von EU-Abgeordneten seien angerufen worden. Eine Online-Petition gegen diese EU-Zensurmaschine erreichte in Kürze über 700.000 Unterschriften. - Am 5. Juli 2018 wurde durch den Entscheid des EU-Parlaments die Reform vorläufig gebremst, aber nicht gestoppt. Die Mehrheit der Abgeordneten sah aufgrund des massiven Widerstands aus der Bevölkerung Nachbesserungsbedarf an der EU-Reform. - Am 12. September 2018 erhielten im EU-Parlament leicht veränderte Entwürfe der Reform trotzdem noch die erforderliche Mehrheit. Beim Leistungsschutzrecht für Verleger werden reine Verlinkungen ausgenommen, „die von individuellen Wörtern begleitet werden.“– was auch immer diese unklare Formulierung in der Praxis bedeuten wird. Beim Thema „Uploadfilter“ wurden Ausnahmen für kleinste und kleine Unternehmen vorgesehen. Trotz einer leichten Abschwächung ist dieser Entscheid ein nächster Schritt in die totale Kontrolle des Internets. EU-Politiker Axel Voss, der maßgeblich an der Ausarbeitung der Reformvorschläge beteiligt war, wirft Gegnern der Urheberrechtsreform die Verbreitung von „Fake-News“ vor und beschönigt die Sachlage: „Diese schöne Fake-News Kampagne, die da im Moment von den grossen Plattformen betrieben wird mit diesen Schlagworten „Zensurmaschine“ oder „Upload-Filter“ oder wie auch immer ... Das was wir hier jetzt versuchen, ist die Erkennungssoftware von urheberrechtlich geschützten Werken irgendwie zu Grunde zu legen.“ Zur Erklärung: Der Begriff „Erkennungssoftware“ ist eine verharmlosende Beschreibung für Upload-Filter, als würde man etwa eine Atombombe als „Einweg-Reaktor“ bezeichnen. 3) So wird Internet-Zensur in der heutigen Zeit umgesetzt: Eine bekannte Parabel besagt: Wirft man einen Frosch in zu heißes Wasser, springt er sogleich heraus. Setzt man einen Frosch aber in einen Topf mit lauwarmem Wasser, bleibt er darin sitzen, auch wenn man das Wasser ganz langsam bis zum Siedepunkt und somit bis zu seinem Tod erhitzt. Schleichende Internet-Lizenzgebühren, Datenschutzverordnungen, Upload-Filter, Leistungsschutzrecht usw. treiben die Hitze im EU-Kessel für jeden unabhängigen Informanten schleichend in Richtung Siedepunkt. Eine offenkundige Blockierung von systemkritischen Internetseiten durch Regierungsstellen scheint zu guter Letzt gar nicht mehr notwendig. Denn mit zunehmend untragbaren Auflagen, Regulierungen und Unkosten im Internet, verstummen aufklärende Stimmen schrittweise und scheinbar ganz von selbst. Es bleibt zu beobachten, welche Zwischenstufen geplant werden bis zur totalen EU-Internet-Zensurmaschine, die dann auch kleine Unternehmen sowie private oder nicht-kommerzielle Nutzer treffen werden. Bleiben Sie aktiv. Die Völker erwachen und sind nicht mehr bereit, in gutgläubigem Vertrauen Verordnungen von Politikern umzusetzen, die der Informations- und Meinungsfreiheit schleichend den Todesstoß geben. Fazit: Der unverkennbare Schulterschluss von EU-Politik und Medienunternehmen gegen die Informationsfreiheit im Internet bedarf eines unübersehbaren Schulterschlusses von Volk und freien Medien für die Informationsfreiheit. Schauen Sie daher Ihren Politikern und Medienmogulen auf die Finger – wir tun es auch. Kla.TV – Ihre Nummer Eins der unzensierten Berichterstattung.
von es.
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-%2f%2fEP%2f%2fTEXT%2bREPORT%2bA8-2018-0245%2b0%2bDOC%2bXML%2bV0%2f%2fEN&language=EN#title1
https://de.wikipedia.org/wiki/Upload-Filter#Geplante_Rechts%C3%A4nderung_in_der_EU
https://www.srf.ch/news/international/neues-urheberrecht-eu-parlament-bremst-urheberrechts-reform
https://www.watson.de/digital/interview/811103460-der-upload-filter-kommt-eu-parlament-stimmt-fuer-urheberrechtsreform-das-steckt-dahinter
https://www.change.org/p/stoppt-die-zensurmaschine-rettet-das-internet-uploadfilter
https://www.youtube.com/watch?v=5RrS4jji6xY
https://www.youtube.com/watch?v=pWODQoFTTJE
https://www.youtube.com/watch?v=1DKk69J5pb4
https://www.youtube.com/watch?v=LV3qio7xdLQ
https://www.youtube.com/watch?v=WsIH8qacD_0