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Putschversuch in der Türkei anhand moderner Kriegsführung beleuchtet
Die Ereignisse in der Türkei überstürzen sich. Seit dem gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli 2016 vergeht kaum ein Tag, an dem der türkische Präsident Recep Erdoğan nicht in den Schlagzeilen steht. Dabei geht es kaum noch um den gescheiterten Putschversuch, sondern um die von Erdoğan gestartete «Säuberungswelle» danach.[weiterlesen]
Die Ereignisse in der Türkei überstürzen sich. Seit dem gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli 2016 vergeht kaum ein Tag, an dem der türkische Präsident Recep Erdoğan nicht in den Schlagzeilen steht. Dabei geht es kaum noch um den gescheiterten Putschversuch, sondern um die von Erdoğan gestartete «Säuberungswelle» danach. Zum Beispiel sollen in der Türkei laut der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 22. Juli eine Woche nach dem Putsch bereits 70.000 Personen festgenommen, verhaftet, vom Dienst entlassen oder suspendiert worden sein, darunter hohe Militärs, Soldaten, Richter und Staatsanwälte, Uni-Rektoren, Lehrer, mehrere Firmenchefs und Journalisten, sowie Anhänger der Gülen-Bewegung. In den Leitmedien wurden sogar Vermutungen laut, der Putsch könnte von Erdoğan inszeniert gewesen sein, um den Vorwand zu haben, eine Präsidialdiktatur aufzubauen.
Doch wie sind diese Entwicklungen im Bezug auf die Türkei nun wirklich zu beurteilen? Dazu werfen wir einen Blick auf den Lehrfilm „Wie funktionieren moderne Kriege?“, der helfen kann, die moderne Kriegsführung wie einen roten Faden in aktuellen Ereignissen zu erkennen.
In der modernen Kriegsführung geht es darum, dass ein Land – Zielland genannt – von außen her – Angreifer genannt – bis hin zum Umsturz und zur Beseitigung der Regierung destabilisiert werden soll. Ein Zielland kennzeichnet sich dadurch, dass es sich den weltpolitischen Interessen des Angreifers gegenüber ungehorsam verhält.
Als historisch belegtes Beispiel moderner Kriegsführung gilt die „Operation Ajax“, als im Jahr 1953 der iranische Premierminister Mossadegh vom amerikanischen CIA- und britischen MI6-Geheimdienst gestürzt wurde. Aber auch die Umstürze des sogenannten „Arabischen Frühlings“, der Putsch in der Ukraine 2014 sowie die sich anbahnenden Regimewechsel in Brasilien und Venezuela weisen diese Merkmale auf.
Im Folgenden werden einige Punkte aus dem Lehrfilm mit Ereignissen bzgl. der Türkei verglichen, um zu prüfen, ob so die offenen Fragen zu diesem Putschversuch beantwortet werden können.
1. Wurde die Türkei zum Zielland?
Erdoğan deutete u.a. an, ein Bündnis mit Russland und dem Iran anzustreben und die Beziehungen mit Syrien verbessern zu wollen. Amerikanische Militärs und Geheimdienstvertreter erklärten an einer Sicherheitskonferenz in Aspen, Colorado, Washington könne solche Bündnisse nicht dulden. Der Chef der türkischen Heimatpartei, Doğu Perincek, fasste es so zusammen: Erdoğan löse sich vom transatlantischen Lager und die Türkei hinterfrage ihre NATO-Mitgliedschaft. In der Vergangenheit habe sich Erdoğan den US-Interessen gefügt. Doch als die Loslösung Erdoğans begann, sei er das Ziel der USA geworden.
2. Der Angreifer nimmt zuerst einmal Kontakt zu allen unzufriedenen und gewaltbereiten Gruppierungen (Rebellen/Lohnterroristen) im Land seines Zielobjektes auf.
Nach diversen türkischen Medienberichten soll es in der Türkei eine nach wie vor aktive Gladio-Struktur – eine geheime paramilitärische Einheit – der NATO geben. Diese werde vor allem von den Briten und US-Amerikanern genutzt, um Einfluss auf das politische Geschehen in der Türkei zu nehmen. Dies berichteten die „Deutschen Wirtschafts Nachrichten“ am 3. August 2016. Die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen soll lediglich ein Arm dieser Struktur sein.
Die regierungskritische investigative Webseite OdaTV stuft den Putschversuch ebenfalls als Gladio-Werk ein: Dieses NATO-Netzwerk sei verantwortlich für zahlreiche politische Morde, die in den vergangenen Jahrzehnten in der Türkei verübt wurden. In diesem Zusammenhang dürfe die Kampagne gegen Erdoğan, die im Westen stattfinde, nicht als Ausdruck demokratischer Interessen gewertet werden, so OdaTV.
Gemäß einem Artikel der „World Socialist Web Site“ vom 2. August war der Luftwaffenstützpunkt Incirlik, wo die USA mehr als 5.000 Soldaten und dutzende Atomwaffen stationiert haben, das Planungszentrum des Putsches. Während des Putsches flogen Kampfflugzeuge der Putschisten von Incirlik ein und aus. Es sei kaum anzunehmen, dass der amerikanische Geheimdienst nichts davon gemerkt habe.
3. Die Ziele des wahren Angreifers: Umsturz und Beseitigung der Ziel-Regierung
Gemäß der „World Socialist Web Site“ hätten russische Streitkräfte von dem nahe gelegenen Luftwaffenstützpunkt Khmeimim in Syrien verschlüsselte Funksprüche über Vorbereitungen eines Putsches abgefangen. Erdoğan selbst sei der Ermordung nur entgangen, weil er rechtzeitig informiert wurde und aus seinem Hotel fliehen konnte. Bei Bombenangriffen auf das türkische Parlament und bei Angriffen auf Erdoğan-Anhänger sowie loyale Militär- und Polizeieinheiten wurden hunderte Menschen getötet und tausende verletzt.
4. Die Ziele des wahren Angreifers: • Gezielte Schuldzuweisung an Zielobjekt • Möglichst große Verwirrung und Ohnmacht der Völker • Möglichst großes Verständnis für einen militärischen Hilfseinsatz von außen her.
Die Schuldzuweisung an Erdoğan nimmt unübersehbar zu: Täglich wird in den westlichen Medien von massiven Verletzungen demokratischer Rechte in der Türkei berichtet. Doch wie war es nochmals mit dem libyschen Staatsoberhaupt Muammar al-Gaddafi? Nachdem sich unter Obama die Beziehungen zwischen
Libyen und den USA zu normalisieren schienen, wurde Gaddafi plötzlich wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen gezielt als Schreckens-Diktator in die Ecke gedrängt. All dies aber nur, um die unbedingte Notwendigkeit eines militärischen Eingriffs vor Volk und Politik zu rechtfertigen. Details dazu finden Sie im Dokufilm „Instrumentalisierende Kriegsführung“. Genauso wie Gaddafi entschlossen gegen politische Gegner vorging, die wiederholt Anschläge auf ihn verübten, so anscheinend auch Erdoğan und die türkische Regierung. Doğu Perincek sagte: Erdoğan jedenfalls sei entschlossen, diese Parallelstruktur der „NATO-Geheimarmee Gladio“ vollständig zu zerschlagen. Denn der Staatschef habe – wenn auch verspätet – gemerkt, dass die NATO die territoriale Unversehrtheit der Türkei beschädigen will.
Ob es sich nun wirklich um einen US-inszenierten Putschversuch von außen gehandelt hat, wird sich darin zeigen, ob Erdoğan weiterhin unentwegt zum Diktator gemacht wird – so lange bis ein möglichst großes Verständnis vom Volk und Politik für einen militärischen Hilfseinsatz von außen her aufgebracht wird. Beobachten und beurteilen Sie selbst, ob die Strategien moderner Kriegsführung auch auf die Türkei zutreffen sollten.
Sendungstext
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06.08.2016 | www.kla.tv/8776
Die Ereignisse in der Türkei überstürzen sich. Seit dem gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli 2016 vergeht kaum ein Tag, an dem der türkische Präsident Recep Erdoğan nicht in den Schlagzeilen steht. Dabei geht es kaum noch um den gescheiterten Putschversuch, sondern um die von Erdoğan gestartete «Säuberungswelle» danach. Zum Beispiel sollen in der Türkei laut der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 22. Juli eine Woche nach dem Putsch bereits 70.000 Personen festgenommen, verhaftet, vom Dienst entlassen oder suspendiert worden sein, darunter hohe Militärs, Soldaten, Richter und Staatsanwälte, Uni-Rektoren, Lehrer, mehrere Firmenchefs und Journalisten, sowie Anhänger der Gülen-Bewegung. In den Leitmedien wurden sogar Vermutungen laut, der Putsch könnte von Erdoğan inszeniert gewesen sein, um den Vorwand zu haben, eine Präsidialdiktatur aufzubauen. Doch wie sind diese Entwicklungen im Bezug auf die Türkei nun wirklich zu beurteilen? Dazu werfen wir einen Blick auf den Lehrfilm „Wie funktionieren moderne Kriege?“, der helfen kann, die moderne Kriegsführung wie einen roten Faden in aktuellen Ereignissen zu erkennen. In der modernen Kriegsführung geht es darum, dass ein Land – Zielland genannt – von außen her – Angreifer genannt – bis hin zum Umsturz und zur Beseitigung der Regierung destabilisiert werden soll. Ein Zielland kennzeichnet sich dadurch, dass es sich den weltpolitischen Interessen des Angreifers gegenüber ungehorsam verhält. Als historisch belegtes Beispiel moderner Kriegsführung gilt die „Operation Ajax“, als im Jahr 1953 der iranische Premierminister Mossadegh vom amerikanischen CIA- und britischen MI6-Geheimdienst gestürzt wurde. Aber auch die Umstürze des sogenannten „Arabischen Frühlings“, der Putsch in der Ukraine 2014 sowie die sich anbahnenden Regimewechsel in Brasilien und Venezuela weisen diese Merkmale auf. Im Folgenden werden einige Punkte aus dem Lehrfilm mit Ereignissen bzgl. der Türkei verglichen, um zu prüfen, ob so die offenen Fragen zu diesem Putschversuch beantwortet werden können. 1. Wurde die Türkei zum Zielland? Erdoğan deutete u.a. an, ein Bündnis mit Russland und dem Iran anzustreben und die Beziehungen mit Syrien verbessern zu wollen. Amerikanische Militärs und Geheimdienstvertreter erklärten an einer Sicherheitskonferenz in Aspen, Colorado, Washington könne solche Bündnisse nicht dulden. Der Chef der türkischen Heimatpartei, Doğu Perincek, fasste es so zusammen: Erdoğan löse sich vom transatlantischen Lager und die Türkei hinterfrage ihre NATO-Mitgliedschaft. In der Vergangenheit habe sich Erdoğan den US-Interessen gefügt. Doch als die Loslösung Erdoğans begann, sei er das Ziel der USA geworden. 2. Der Angreifer nimmt zuerst einmal Kontakt zu allen unzufriedenen und gewaltbereiten Gruppierungen (Rebellen/Lohnterroristen) im Land seines Zielobjektes auf. Nach diversen türkischen Medienberichten soll es in der Türkei eine nach wie vor aktive Gladio-Struktur – eine geheime paramilitärische Einheit – der NATO geben. Diese werde vor allem von den Briten und US-Amerikanern genutzt, um Einfluss auf das politische Geschehen in der Türkei zu nehmen. Dies berichteten die „Deutschen Wirtschafts Nachrichten“ am 3. August 2016. Die Bewegung des Predigers Fethullah Gülen soll lediglich ein Arm dieser Struktur sein. Die regierungskritische investigative Webseite OdaTV stuft den Putschversuch ebenfalls als Gladio-Werk ein: Dieses NATO-Netzwerk sei verantwortlich für zahlreiche politische Morde, die in den vergangenen Jahrzehnten in der Türkei verübt wurden. In diesem Zusammenhang dürfe die Kampagne gegen Erdoğan, die im Westen stattfinde, nicht als Ausdruck demokratischer Interessen gewertet werden, so OdaTV. Gemäß einem Artikel der „World Socialist Web Site“ vom 2. August war der Luftwaffenstützpunkt Incirlik, wo die USA mehr als 5.000 Soldaten und dutzende Atomwaffen stationiert haben, das Planungszentrum des Putsches. Während des Putsches flogen Kampfflugzeuge der Putschisten von Incirlik ein und aus. Es sei kaum anzunehmen, dass der amerikanische Geheimdienst nichts davon gemerkt habe. 3. Die Ziele des wahren Angreifers: Umsturz und Beseitigung der Ziel-Regierung Gemäß der „World Socialist Web Site“ hätten russische Streitkräfte von dem nahe gelegenen Luftwaffenstützpunkt Khmeimim in Syrien verschlüsselte Funksprüche über Vorbereitungen eines Putsches abgefangen. Erdoğan selbst sei der Ermordung nur entgangen, weil er rechtzeitig informiert wurde und aus seinem Hotel fliehen konnte. Bei Bombenangriffen auf das türkische Parlament und bei Angriffen auf Erdoğan-Anhänger sowie loyale Militär- und Polizeieinheiten wurden hunderte Menschen getötet und tausende verletzt. 4. Die Ziele des wahren Angreifers: • Gezielte Schuldzuweisung an Zielobjekt • Möglichst große Verwirrung und Ohnmacht der Völker • Möglichst großes Verständnis für einen militärischen Hilfseinsatz von außen her. Die Schuldzuweisung an Erdoğan nimmt unübersehbar zu: Täglich wird in den westlichen Medien von massiven Verletzungen demokratischer Rechte in der Türkei berichtet. Doch wie war es nochmals mit dem libyschen Staatsoberhaupt Muammar al-Gaddafi? Nachdem sich unter Obama die Beziehungen zwischen Libyen und den USA zu normalisieren schienen, wurde Gaddafi plötzlich wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen gezielt als Schreckens-Diktator in die Ecke gedrängt. All dies aber nur, um die unbedingte Notwendigkeit eines militärischen Eingriffs vor Volk und Politik zu rechtfertigen. Details dazu finden Sie im Dokufilm „Instrumentalisierende Kriegsführung“. Genauso wie Gaddafi entschlossen gegen politische Gegner vorging, die wiederholt Anschläge auf ihn verübten, so anscheinend auch Erdoğan und die türkische Regierung. Doğu Perincek sagte: Erdoğan jedenfalls sei entschlossen, diese Parallelstruktur der „NATO-Geheimarmee Gladio“ vollständig zu zerschlagen. Denn der Staatschef habe – wenn auch verspätet – gemerkt, dass die NATO die territoriale Unversehrtheit der Türkei beschädigen will. Ob es sich nun wirklich um einen US-inszenierten Putschversuch von außen gehandelt hat, wird sich darin zeigen, ob Erdoğan weiterhin unentwegt zum Diktator gemacht wird – so lange bis ein möglichst großes Verständnis vom Volk und Politik für einen militärischen Hilfseinsatz von außen her aufgebracht wird. Beobachten und beurteilen Sie selbst, ob die Strategien moderner Kriegsführung auch auf die Türkei zutreffen sollten.
von dd.
http://www.nzz.ch/international/europa/10-fragen-zum-putsch-in-der-tuerkei-eine-tuerkische-kulturrevolution-ld.106939
http://www.stern.de/politik/ausland/tuerkei--erdogans-saeuberungen-nach-gescheitertem-putsch-6968748.html
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/08/03/putsch-vorwurf-erdogan-will-nato-geheimarmee-zerschlagen/#cxrecs_s