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Appenzell Innerrhoden: Deutliches Bekenntnis zur Bildungshoheit der Kantone
Letzten Sonntag fand in Appenzell die Landsgemeinde statt. Das ist in der Schweiz eine noch in wenigen Kantonen übliche Form der direkten Demokratie: Unter freiem Himmel versammeln sich die stimmberechtigten Bürger und Bürgerinnen des Kantons, um über kantonale Vorlagen abzustimmen. An dieser Landsgemeinde stimmte der Kanton Appenzell Innerrhoden als erster Kanton in der Schweiz über eine Initiative gegen den Lehrplan 21 ab. In 10 weiteren Kantonen laufen auch Initiativen.[weiterlesen]
Letzten Sonntag fand in Appenzell die Landsgemeinde statt. Das ist in der Schweiz eine noch in wenigen Kantonen übliche Form der direkten Demokratie: Unter freiem Himmel versammeln sich die stimmberechtigten Bürger und Bürgerinnen des Kantons, um über kantonale Vorlagen abzustimmen. An dieser Landsgemeinde stimmte der Kanton Appenzell Innerrhoden als erster Kanton in der Schweiz über eine Initiative gegen den Lehrplan 21 ab. In 10 weiteren Kantonen laufen auch Initiativen.
Angestossen worden war die Diskussion in Appenzell Innerrhoden durch die Einzelinitiative «Für eine starke Volksschule» von Paul Bannwart. Nachdem Erziehungsdirektor und Landammann (das ist der Vorsitzende der Kantonsregierung) Roland Inauen dem Initianten weitreichende Zugeständnisse gemacht hatte, wollte Bannwart seinen Vorstoss zurückziehen. Dies war nicht mehr möglich, weil die Abstimmungsunterlagen bereits verschickt worden waren. Deshalb gelangte die Initiative am 24. April doch zur Abstimmung und wurde nach einer klaren Stellungnahme von Landammann Inauen für die kantonale Schulhoheit von der Landsgemeinde abgelehnt.
Nun liessen die Schweizer Medien jedoch den Eindruck erwecken, dass die Initiative gegen den Lehrplan 21 haushoch abgelehnt worden sei. Dies könnte für zukünftige Abstimmungen in anderen Kantonen wegweisend sein. Von einer Ablehnung kann jedoch nicht die Rede sein. Denn die Anliegen der Initiative wurden durch die Zugeständnisse des Erziehungsdirektors umgesetzt, was zu dem gewollten Rückzug und zu der fast einstimmigen Ablehnung der Initiative geführt hat.
KlagemauerTV greift in dieser Sendung nochmals die inhaltlich grossen Zugeständnisse des Erziehungsdirektors und Landammann Roland Inauen auf. Dazu wurde uns von einem Zuschauer das Filmmaterial zur Verfügung gestellt.
An der Landsgemeinde bekräftigte der Landammann noch einmal, dass der Lehrplan 21 in Appenzell Innerrhoden nicht einfach übernommen werde: «Ich möchte an dieser Stelle noch einmal klar und deutlich sagen, dass der Kanton Appenzell Innerrhoden den Lehrplan in einer moderaten und eigenständigen Form umsetzen wird. Aus dem Lehrplan 21 entsteht der Lehrplan Appenzell Innerrhoden, der unserer Kultur, unserer Tradition und auch den christlichen Grundsätzen verpflichtet ist.»
Auch die inhaltlichen Aussagen von Roland Inauen über die zukünftige Gestaltung der Appenzeller Schule weichen weit vom Lehrplan 21 ab. «Die Einführung einer Basisstufe – das wäre eine Zusammenlegung vom Kindergarten mit der ersten und zweiten Klasse – ist bei uns kein Thema. Der Landsgemeindebeschluss von 2008 wird ohne Wenn und Aber respektiert. Das erste Kindergartenjahr bleibt bei uns freiwillig. Der Kanton Appenzell Innerrhoden wird zudem jährlichen Standardtests auf eidgenössischer Ebene mit grosser Zurückhaltung begegnen.»
Zudem war dem Initianten vom Erziehungsdirektor unter anderem zugesichert worden, dass die Lehrpersonen weiterhin für die Klassenführung verantwortlich sein werden; eine Veränderung der Lehrerrolle, wie im Lehrplan21 erwünscht, in Richtung eines Coachs oder Lernbegleiters sei nicht vorgesehen.
In Bezug auf die Fremdsprachen sieht der Lehrplan 21 vor, dass zwei Fremdsprachen in der Primarschule unterrichtet werden: die erste ab der 3. Klasse, die zweite ab der 5.Klasse. In Appenzell wird seit jeher die zweite Fremdsprache erst in der Oberstufe unterrichtet. Und weil sie damit gute Erfahrungen gemacht haben, soll das so bleiben.
Dem Kanton Thurgau aber, der vor kurzem entschieden hat, den Beginn der zweiten Fremdsprache wie in Appenzell Innerrhoden auf die Oberstufe zu verlegen, sind von einzelnen Bildungspolitikern und sogar von Seiten eines Bundesrates Strafmassnahmen angedroht worden. Die Stellungnahme von Landammann Roland Inauen zu solch unzulässigen Eingriffen des Bundes in die kantonale Bildungshoheit liess an Klarheit nichts zu wünschen übrig. «In Artikel 15 Absatz 3 des eidgenössischen Sprachengesetzes heisst es, dass sich der Bund und die Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten dafür einsetzen, dass die Schüler am Ende der obligatorischen Schulzeit über Kompetenzen in mindestens einer zweiten Landessprache und einer weiteren Fremdsprache verfügen sollen. Der Bund gibt also das Ziel vor, das wir mit jeder Garantie erreichen. Der Weg zum Ziel ist aber Sache der Kantone. Darum verstehen wir nicht, dass der Bund uns jetzt auch den Weg vorschreiben will. Das ist ein massiver Eingriff in das verfassungsmässige Recht der Kantone. Schliesslich heisst es in Artikel 62 Absatz 1 unserer Bundesverfassung deutsch und deutlich: ‚Für das Schulwesen sind die Kantone verantwortlich.’ Daran halten wir uns, und daran soll sich auch der Bund halten.»
Diese Zusammenfassung macht deutlich, dass die Innerrhoder mit dieser Abstimmung keinesfalls den Lehrplan 21 bestätigt haben. Die Rede des Landammanns zeigt, dass jede kantonale Regierung die Verantwortung hat, auch in Sachen Lehrplan 21 die kantonale Bildungshoheit zu bewahren und für eine gute Volksschule zu sorgen.
Sendungstext
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29.04.2016 | www.kla.tv/8172
Letzten Sonntag fand in Appenzell die Landsgemeinde statt. Das ist in der Schweiz eine noch in wenigen Kantonen übliche Form der direkten Demokratie: Unter freiem Himmel versammeln sich die stimmberechtigten Bürger und Bürgerinnen des Kantons, um über kantonale Vorlagen abzustimmen. An dieser Landsgemeinde stimmte der Kanton Appenzell Innerrhoden als erster Kanton in der Schweiz über eine Initiative gegen den Lehrplan 21 ab. In 10 weiteren Kantonen laufen auch Initiativen. Angestossen worden war die Diskussion in Appenzell Innerrhoden durch die Einzelinitiative «Für eine starke Volksschule» von Paul Bannwart. Nachdem Erziehungsdirektor und Landammann (das ist der Vorsitzende der Kantonsregierung) Roland Inauen dem Initianten weitreichende Zugeständnisse gemacht hatte, wollte Bannwart seinen Vorstoss zurückziehen. Dies war nicht mehr möglich, weil die Abstimmungsunterlagen bereits verschickt worden waren. Deshalb gelangte die Initiative am 24. April doch zur Abstimmung und wurde nach einer klaren Stellungnahme von Landammann Inauen für die kantonale Schulhoheit von der Landsgemeinde abgelehnt. Nun liessen die Schweizer Medien jedoch den Eindruck erwecken, dass die Initiative gegen den Lehrplan 21 haushoch abgelehnt worden sei. Dies könnte für zukünftige Abstimmungen in anderen Kantonen wegweisend sein. Von einer Ablehnung kann jedoch nicht die Rede sein. Denn die Anliegen der Initiative wurden durch die Zugeständnisse des Erziehungsdirektors umgesetzt, was zu dem gewollten Rückzug und zu der fast einstimmigen Ablehnung der Initiative geführt hat. KlagemauerTV greift in dieser Sendung nochmals die inhaltlich grossen Zugeständnisse des Erziehungsdirektors und Landammann Roland Inauen auf. Dazu wurde uns von einem Zuschauer das Filmmaterial zur Verfügung gestellt. An der Landsgemeinde bekräftigte der Landammann noch einmal, dass der Lehrplan 21 in Appenzell Innerrhoden nicht einfach übernommen werde: «Ich möchte an dieser Stelle noch einmal klar und deutlich sagen, dass der Kanton Appenzell Innerrhoden den Lehrplan in einer moderaten und eigenständigen Form umsetzen wird. Aus dem Lehrplan 21 entsteht der Lehrplan Appenzell Innerrhoden, der unserer Kultur, unserer Tradition und auch den christlichen Grundsätzen verpflichtet ist.» Auch die inhaltlichen Aussagen von Roland Inauen über die zukünftige Gestaltung der Appenzeller Schule weichen weit vom Lehrplan 21 ab. «Die Einführung einer Basisstufe – das wäre eine Zusammenlegung vom Kindergarten mit der ersten und zweiten Klasse – ist bei uns kein Thema. Der Landsgemeindebeschluss von 2008 wird ohne Wenn und Aber respektiert. Das erste Kindergartenjahr bleibt bei uns freiwillig. Der Kanton Appenzell Innerrhoden wird zudem jährlichen Standardtests auf eidgenössischer Ebene mit grosser Zurückhaltung begegnen.» Zudem war dem Initianten vom Erziehungsdirektor unter anderem zugesichert worden, dass die Lehrpersonen weiterhin für die Klassenführung verantwortlich sein werden; eine Veränderung der Lehrerrolle, wie im Lehrplan21 erwünscht, in Richtung eines Coachs oder Lernbegleiters sei nicht vorgesehen. In Bezug auf die Fremdsprachen sieht der Lehrplan 21 vor, dass zwei Fremdsprachen in der Primarschule unterrichtet werden: die erste ab der 3. Klasse, die zweite ab der 5.Klasse. In Appenzell wird seit jeher die zweite Fremdsprache erst in der Oberstufe unterrichtet. Und weil sie damit gute Erfahrungen gemacht haben, soll das so bleiben. Dem Kanton Thurgau aber, der vor kurzem entschieden hat, den Beginn der zweiten Fremdsprache wie in Appenzell Innerrhoden auf die Oberstufe zu verlegen, sind von einzelnen Bildungspolitikern und sogar von Seiten eines Bundesrates Strafmassnahmen angedroht worden. Die Stellungnahme von Landammann Roland Inauen zu solch unzulässigen Eingriffen des Bundes in die kantonale Bildungshoheit liess an Klarheit nichts zu wünschen übrig. «In Artikel 15 Absatz 3 des eidgenössischen Sprachengesetzes heisst es, dass sich der Bund und die Kantone im Rahmen ihrer Zuständigkeiten dafür einsetzen, dass die Schüler am Ende der obligatorischen Schulzeit über Kompetenzen in mindestens einer zweiten Landessprache und einer weiteren Fremdsprache verfügen sollen. Der Bund gibt also das Ziel vor, das wir mit jeder Garantie erreichen. Der Weg zum Ziel ist aber Sache der Kantone. Darum verstehen wir nicht, dass der Bund uns jetzt auch den Weg vorschreiben will. Das ist ein massiver Eingriff in das verfassungsmässige Recht der Kantone. Schliesslich heisst es in Artikel 62 Absatz 1 unserer Bundesverfassung deutsch und deutlich: ‚Für das Schulwesen sind die Kantone verantwortlich.’ Daran halten wir uns, und daran soll sich auch der Bund halten.» Diese Zusammenfassung macht deutlich, dass die Innerrhoder mit dieser Abstimmung keinesfalls den Lehrplan 21 bestätigt haben. Die Rede des Landammanns zeigt, dass jede kantonale Regierung die Verantwortung hat, auch in Sachen Lehrplan 21 die kantonale Bildungshoheit zu bewahren und für eine gute Volksschule zu sorgen.
von af.
http://www.blick.ch/news/politik/klare-sache-an-appenzeller-landsgemeinde-innerrhoder-lehnen-initiative-gegen-lehrplan-21-ab-id4954449.html
http://www.srf.ch/news/regional/ostschweiz/landsgemeinde-lehnt-initiative-gegen-lehrplan-21-ab