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VW-Skandal – Reiner Zufall oder Wirtschaftskrieg gegen Deutschland?
Seit Tagen sind die Wirtschaftsseiten voll mit dem Abgasskandal des Volkswagen-Konzerns. Software-Ingenieure von VW hatten bei Dieselmotoren ein zusätzliches Programm eingebaut und dadurch die Abgaswerte manipuliert. Was genau sind die Hintergründe, dass ein Weltkonzern wie VW Tricks anwendete, um die Umweltschutzbehörden zu täuschen und dadurch den guten Ruf des Konzerns aufs Spiel setzte?[weiterlesen]
Seit Tagen sind die Wirtschaftsseiten voll mit dem Abgasskandal des Volkswagen-Konzerns. Software-Ingenieure von VW hatten bei Dieselmotoren ein zusätzliches Programm eingebaut und dadurch die Abgaswerte manipuliert. Was genau sind die Hintergründe, dass ein Weltkonzern wie VW Tricks anwendete, um die Umweltschutzbehörden zu täuschen und dadurch den guten Ruf des Konzerns aufs Spiel setzte? Warum flog das Ganze gerade jetzt auf? Diesen Fragen wollen wir in den kommenden paar Minuten nachgehen:
Zuerst gehen wir in die USA: Dort dominieren einheimische Automarken wie General Motors, Ford, Chrysler und einige andere den amerikanischen Automarkt. Die großen, in der ganzen Welt bekannten Automarken wie Toyota - weltweit die Nummer 1 - oder der VW Konzern bieten zwar sparsame Modelle an, konnten in den USA aber nur schwer Marktanteile gewinnen. Denn dort ist das benzinbetriebene Auto mit „großem Durst“ Standard. Dieselbetriebene Personenkraftwagen existieren praktisch nicht.
Der Dieselmotor hat aus physikalischen Gründen einen höheren Wirkungsgrad als der benzinbetriebene. Das heißt, er braucht weniger Kraftstoff für die gleiche Leistung beziehungsweise die gefahrenen Kilometer. Dafür ist die Herstellung eines Dieselmotors aufwändiger und teurer als die eines gleich starken Benzinmotors. Dieser Mehraufwand macht sich aber wegen der längeren Lebensdauer und dem geringeren Treibstoffverbrauch bezahlt. Um die Abgaswerte eines Dieselmotors zu optimieren, ist großes Wissen um die Motorensteuerung notwendig. Hier haben die deutschen Motorenbauer seit Jahren einen Vorsprung gegenüber den amerikanischen, die ohnehin nicht auf die Dieseltechnologie setzen. Vielmehr wurden die Abgasnormen für Dieselmotoren so hoch geschraubt, dass der Verdacht nahe liegt, dass sich die amerikanische Wirtschaft dadurch die ausländische Dieselkonkurrenz vom Hals halten wolle.
Nun wollte der VW-Konzern dennoch zum großen Sprung in den USA ansetzen mit Dieselfahrzeugen mit der neuesten Abgastechnologie. Anfang des Jahres hatte VW dies an der internationalen Detroit Auto Show bekannt gegeben. Mitte September ließ der oberste Konzernchef von VW anlässlich der Internationalen Automobil Ausstellung in Frankfurt die Katze aus dem Sack: „Wir wollen weltweit die Nummer 1 werden.“ Die Reaktion auf dieses Outen ließ nicht lange auf sich warten. – Bereits wenige Tage später stand auf den Titelseiten aller Zeitungen: „Skandal - VW trickste bei Abgasmessungen!“
Was genau war passiert?
Um die ständig verschärften Anforderungen der amerikanischen Umweltbehörde (EPA) in Bezug auf Abgaswerte zu erreichen, wurde ein ausgeklügeltes Motor-Managementsystem notwendig. Dieses überwacht und reguliert den Dieselmotor bei allen Betriebsbedingungen, sodass die geforderten, günstigen Abgaswerte erreicht werden. Der Skandal ist nun, dass Software-Ingenieure von VW ein zusätzliches Programm eingebaut haben, das erkennt, ob das Fahrzeug sich auf einem Prüfstand befindet oder auf der Straße fährt. Wenn das Auto auf dem Prüfstand ist, werden die optimalen Bedingungen für niedrige Abgaswerte eingestellt. Demgegenüber werden auf der Straße die etwas „sportlicheren“ Werte gewählt, was dann allerdings höhere Abgaswerte erzeugt.
Die VW Konzernspitze bemühte sich um Erklärungen. Doch fiel die VW-Aktie an einem Tag um über 20%. Trotz öffentlicher Entschuldigung musste der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn kurz darauf zurücktreten. – War das ganze Szenario reiner Zufall oder das Anzeichen eines beginnenden Wirtschaftskrieges der amerikanischen Automobilindustrie gegen die deutsche?
VW muss mit einer Busse rechnen, doch über deren Höhe kann man derzeit nur spekulieren.
Kia und Hyundai mussten im November 2014 zum Beispiel 100 Mio. $ bezahlen, weil ihre Autos mehr Schadstoffe ausstießen als der Umweltbehörde gemeldet worden war. Das gesamte Paket – inklusive Verzicht auf Emissionsgutschriften – betrug 350 Mio. $. Bereits 1998 bezahlten Hersteller schwerer Dieselmotoren eine Strafe von 83 Mio. $ und verpflichteten sich, für 850 Mio. $ emissionsärmere Motoren zu entwickeln sowie 110 Mio. $ in die Forschung zu stecken, insgesamt gut 1 Mrd. $.
Einen ähnlichen Wirtschaftskrieg der amerikanischen Automobilindustrie gab es auch schon im Jahr 2010. Seinerzeit gegen den Toyota-Konzern. – Was war damals der Auslöser?
Dem Toyota-Konzern wurde zur Last gelegt, dass eine angeblich spontane Beschleunigung in einigen Toyota-Modellen zu Unfällen und sogar zu einem Verkehrstoten geführt hätte. Toyota musste aufgrund dieser Anschuldigung in einer der größten Rückrufaktionen der Automobilgeschichte 9 Millionen Fahrzeuge zurückholen und 1,1 Milliarden an Entschädigung zahlen. Der oberste Chef von Toyota wurde sogar zu einer Stellungnahme vor den amerikanischen Kongress zitiert.
Wie ging es weiter? Ein Jahr später bestätigte das US-Verkehrsministerium, dass die zur Last gelegten Unfälle nicht aufgrund eines elektronischen Fehlers in den Toyota Fahrzeugen zurück zu führen seien, sondern auf menschlichem Versagen beruhen. Wörtlich steht im Untersuchungsbericht: „Mit großer Wahrscheinlichkeit haben die Fahrer selber aufs falsche Pedal getreten.“ Über diesen Sachverhalt haben sich die Leitmedien allerdings ausgeschwiegen, so dass die Rehabilitierung des Toyota-Konzerns bis zum heutigen Tag aussteht. – Reiner Zufall oder gezielt gesteuert?
Genau diese Frage ist auch im aktuellen VW-Skandal noch offen. Wir bleiben dran.
Sendungstext
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02.10.2015 | www.kla.tv/6826
Seit Tagen sind die Wirtschaftsseiten voll mit dem Abgasskandal des Volkswagen-Konzerns. Software-Ingenieure von VW hatten bei Dieselmotoren ein zusätzliches Programm eingebaut und dadurch die Abgaswerte manipuliert. Was genau sind die Hintergründe, dass ein Weltkonzern wie VW Tricks anwendete, um die Umweltschutzbehörden zu täuschen und dadurch den guten Ruf des Konzerns aufs Spiel setzte? Warum flog das Ganze gerade jetzt auf? Diesen Fragen wollen wir in den kommenden paar Minuten nachgehen: Zuerst gehen wir in die USA: Dort dominieren einheimische Automarken wie General Motors, Ford, Chrysler und einige andere den amerikanischen Automarkt. Die großen, in der ganzen Welt bekannten Automarken wie Toyota - weltweit die Nummer 1 - oder der VW Konzern bieten zwar sparsame Modelle an, konnten in den USA aber nur schwer Marktanteile gewinnen. Denn dort ist das benzinbetriebene Auto mit „großem Durst“ Standard. Dieselbetriebene Personenkraftwagen existieren praktisch nicht. Der Dieselmotor hat aus physikalischen Gründen einen höheren Wirkungsgrad als der benzinbetriebene. Das heißt, er braucht weniger Kraftstoff für die gleiche Leistung beziehungsweise die gefahrenen Kilometer. Dafür ist die Herstellung eines Dieselmotors aufwändiger und teurer als die eines gleich starken Benzinmotors. Dieser Mehraufwand macht sich aber wegen der längeren Lebensdauer und dem geringeren Treibstoffverbrauch bezahlt. Um die Abgaswerte eines Dieselmotors zu optimieren, ist großes Wissen um die Motorensteuerung notwendig. Hier haben die deutschen Motorenbauer seit Jahren einen Vorsprung gegenüber den amerikanischen, die ohnehin nicht auf die Dieseltechnologie setzen. Vielmehr wurden die Abgasnormen für Dieselmotoren so hoch geschraubt, dass der Verdacht nahe liegt, dass sich die amerikanische Wirtschaft dadurch die ausländische Dieselkonkurrenz vom Hals halten wolle. Nun wollte der VW-Konzern dennoch zum großen Sprung in den USA ansetzen mit Dieselfahrzeugen mit der neuesten Abgastechnologie. Anfang des Jahres hatte VW dies an der internationalen Detroit Auto Show bekannt gegeben. Mitte September ließ der oberste Konzernchef von VW anlässlich der Internationalen Automobil Ausstellung in Frankfurt die Katze aus dem Sack: „Wir wollen weltweit die Nummer 1 werden.“ Die Reaktion auf dieses Outen ließ nicht lange auf sich warten. – Bereits wenige Tage später stand auf den Titelseiten aller Zeitungen: „Skandal - VW trickste bei Abgasmessungen!“ Was genau war passiert? Um die ständig verschärften Anforderungen der amerikanischen Umweltbehörde (EPA) in Bezug auf Abgaswerte zu erreichen, wurde ein ausgeklügeltes Motor-Managementsystem notwendig. Dieses überwacht und reguliert den Dieselmotor bei allen Betriebsbedingungen, sodass die geforderten, günstigen Abgaswerte erreicht werden. Der Skandal ist nun, dass Software-Ingenieure von VW ein zusätzliches Programm eingebaut haben, das erkennt, ob das Fahrzeug sich auf einem Prüfstand befindet oder auf der Straße fährt. Wenn das Auto auf dem Prüfstand ist, werden die optimalen Bedingungen für niedrige Abgaswerte eingestellt. Demgegenüber werden auf der Straße die etwas „sportlicheren“ Werte gewählt, was dann allerdings höhere Abgaswerte erzeugt. Die VW Konzernspitze bemühte sich um Erklärungen. Doch fiel die VW-Aktie an einem Tag um über 20%. Trotz öffentlicher Entschuldigung musste der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn kurz darauf zurücktreten. – War das ganze Szenario reiner Zufall oder das Anzeichen eines beginnenden Wirtschaftskrieges der amerikanischen Automobilindustrie gegen die deutsche? VW muss mit einer Busse rechnen, doch über deren Höhe kann man derzeit nur spekulieren. Kia und Hyundai mussten im November 2014 zum Beispiel 100 Mio. $ bezahlen, weil ihre Autos mehr Schadstoffe ausstießen als der Umweltbehörde gemeldet worden war. Das gesamte Paket – inklusive Verzicht auf Emissionsgutschriften – betrug 350 Mio. $. Bereits 1998 bezahlten Hersteller schwerer Dieselmotoren eine Strafe von 83 Mio. $ und verpflichteten sich, für 850 Mio. $ emissionsärmere Motoren zu entwickeln sowie 110 Mio. $ in die Forschung zu stecken, insgesamt gut 1 Mrd. $. Einen ähnlichen Wirtschaftskrieg der amerikanischen Automobilindustrie gab es auch schon im Jahr 2010. Seinerzeit gegen den Toyota-Konzern. – Was war damals der Auslöser? Dem Toyota-Konzern wurde zur Last gelegt, dass eine angeblich spontane Beschleunigung in einigen Toyota-Modellen zu Unfällen und sogar zu einem Verkehrstoten geführt hätte. Toyota musste aufgrund dieser Anschuldigung in einer der größten Rückrufaktionen der Automobilgeschichte 9 Millionen Fahrzeuge zurückholen und 1,1 Milliarden an Entschädigung zahlen. Der oberste Chef von Toyota wurde sogar zu einer Stellungnahme vor den amerikanischen Kongress zitiert. Wie ging es weiter? Ein Jahr später bestätigte das US-Verkehrsministerium, dass die zur Last gelegten Unfälle nicht aufgrund eines elektronischen Fehlers in den Toyota Fahrzeugen zurück zu führen seien, sondern auf menschlichem Versagen beruhen. Wörtlich steht im Untersuchungsbericht: „Mit großer Wahrscheinlichkeit haben die Fahrer selber aufs falsche Pedal getreten.“ Über diesen Sachverhalt haben sich die Leitmedien allerdings ausgeschwiegen, so dass die Rehabilitierung des Toyota-Konzerns bis zum heutigen Tag aussteht. – Reiner Zufall oder gezielt gesteuert? Genau diese Frage ist auch im aktuellen VW-Skandal noch offen. Wir bleiben dran.
von fh./ hm.
http://www.nzz.ch/wirtschaft/der-ruf-von-vw-steht-auf-dem-spiel-1.18616330